LOSENDE

Losende
2025
Gurtstoffe / Ratschen /Airlineschine / Transfer Handdruck
Treppenauge
AdBK München
Treppenhäuser sind als Orte des Übergangs symbolisch aufgela- den – als Zwischenräume, die Ankunft und Abschied versinnbild- lichen. In der Literatur werden sie nicht selten als Metapher für die Charakterentwicklung verwendet. Die Entscheidung, das imposante östliche Treppenauge im pa- lastähnlichen Altbau der Kunstakademie zum Ausstellungsort der Abschlussarbeit „Losende“ zu wählen, steht durchaus in Verbindung mit dieser Metaphorik. 68 Gewebegurte, sog. „lose Enden“ – so viele, wie es Absol- vent*innen des Diploms 2025 gibt – hängen im Treppenhaus zwi- schen dem Foyer im Erdgeschoss und dem Vestibül von der Decke bis zum Boden. Mehr als die Hälfte der Gurte tragen persön- liche Zitate der Diplomand*innen, während unbeschriftete Bän- der teils anonyme Positionen darstellen. Diese Momentaufnahme einer Gemeinschaft in einer bewegenden Übergangsphase – dem Hochschulabschluss – ist von einer Vielstimmigkeit geprägt. Ihr Gehör zu verschaffen ist für Yul von großer Bedeutung. Das Miteinander spielt in seinen Projekten schon immer eine Rolle. Wenn man so will, ist „Losende“ ein Archiv des Zwischenmensch- lichen, das auf Vollständigkeit verzichtet, stattdessen aber ehrliche Botschaften teilt. Optimismus, Zweifel, Sinnsprüche und persönliche Gedanken werden hier geäußert, und manchmal wird auch geschwiegen. Die Installation bildet einen schwebenden, offenen Raum, dem eine sanfte Dynamik innewohnt. Zum einen setzt die natürliche Luftzirkulation die Bänder in leichte Schwingung, zum anderen lädt die Arbeit dazu ein, sie zu betreten. Bei der Interaktion mit der Installation möchte der Künstler keinesfalls didak- tisch sein. Man darf hindurchgehen, die Gurte den eigenen Kör- per streifen lassen und dabei beobachten, wie sie in Bewegung geraten; man kann die Inschriften lesen, sich mit ihnen aus- einandersetzen oder sie ignorieren; und man kann einfach nur vorbeigehen und die Hände daran entlanggleiten lassen. Lichtverhältnisse spielen eine wichtige Rolle für die Arbeit. Das als Aufhängesystem gespannte Gitternetz wird indirekt be- leuchtet, während die Zitate auf den Bändern durch direktes Licht angestrahlt werden. Bei Sonnenschein werfen die Gurte dynamische Schattenbilder, die sich auf den Boden und die an- grenzenden Wände projizieren.Die Besonderheiten der Architek- tur werden in die Arbeit integriert. Die Dynamik des Treppen- aufgangs und die Balustraden erlauben wechselnde Blickwinkel auf die Installation, was architektonische, plastische und inhaltliche Aspekte zum stimmigen Zusammenspiel bringt.
Die Lichtinstallation besteht aus vier Softboxen. Passgenau werden sie in die Laibungen der zwei äußeren Öffnungen sowie in den großen Öffnungen, die den Hauptbau mit den seitlichen Türmen verbinden, eingesetzt. Durch das Scheinen nach Außen sowie ins Innere des Gebäudes wird die Lichtachse besonders hervorgehoben. Die monumentale klassizistische Architektur steht im direktem Kontrast zu weichem ungewohnt harmonischem Licht. Eine Spannung die sich gegenseitig nährt.
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